Gegen Strom, Frachter und Fähren – von Mölle durch den Öresund nach Ven

29.08.2014, 20:50 Uhr, Ven, an Bord der Marzemino

Der Abschied vom Kattegatt heute fiel mir leicht. Nachdem uns im Göta-Älv die Strömung sanft in die richtige Richtung geschoben hat, war sie heute wie ein Fliessband in die falsche Richtung, und wir sind 10 Seemeilen durch das Wasser quasi umsonst gefahren. Der Öresund ist ziemlich schmal, darum wird der Verkehr der großen Frachter und Fähren in einem Verkehrstrennungsgebiet sortiert. Das bedeutet, dass es für die großen Schiffe jeweils eine Fahrspur pro Richtung gibt, kleine Schiffe wie wir halten sich am besten fern. Wir haben daher schon vorher das Fahrwasser gekreuzt und sind dann schön ganz am rechten Ufer, quasi auf dem Standstreifen der Autobahn gefahren. Mitten beim Queren war dann der Wind so weit weg, dass wir gegen den Strom nur noch gut einen Knoten Fahrt hatten, darum haben wir uns für den Motor entschieden. Mit meiner kleinen Schwäche, was das Abschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeiten angeht, ist die Auseinandersetzung mit den riesigen Pötten und den schnellen Fähren zwischen Helsingborg und Helsingör nicht meine Lieblingsbeschäftigung und ich war echt froh, als wir die Meerenge hinter uns hatten und wieder die Segel setzen konnten. Da war auch die Dosen-Suppe im Angesicht des Hamlet-Schlosses kein großer Trost.
Kurz vor dem Hafen in Ven hat dann netterweise der Wind nochmal auf ca. 24 Knoten aufgefrischt, da macht das Zielen auf eine kleine Hafeneinfahrt mit Querstrom doch noch mal extra Spass. Zum Glück war trotz einsetzendem Regen eine hilfreiche Hand am Kai, so dass wir schon im 2. Anlauf sicher vertäut fest lagen.
Apropos Ven: Nachdem wir gestern alle schwedischen Briefmarken auf Postkarten und im Briefksten versenkt hatten, ist uns beim Blick auf die Seekarte aufgefallen, dass auch die Insel Ven noch zu Schweden gehört.
Jetzt hoffen wir, die restlichen schwedischen Kronen morgen noch in einen Museumseintritt und Eis umsetzen zu können! [T]

Wohnen mit Blick auf den Sund

Wohnen mit Blick auf den Sund

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Schloss Helsingör – und Hamlet war nie dort…

Indurstrieanlagen auf der schwedischen Seite des Sundes

Indurstrieanlagen auf der schwedischen Seite des Sundes

Eine Fähre verläasst Helsingör

Eine Fähre verläasst Helsingör

Blick auf Ven

Blick auf Ven

Pizza "Ven" - mit Thunfisch,, wahlweise Salami, schwarzen Oliven und Artischockenherzen

Pizza „Ven“ – mit Thunfisch,, wahlweise Salami, schwarzen Oliven und Artischockenherzen

Hoffentlich ist morgen der Regen weg und wir können Ven zu Fuß ein bisschen erkunden. Dank Internet habe ich auch gerade schon herausfinden können, wo genau das Museum liegt. Sollte nur ein kurzer Fussmarsch hier vom Hafen aus sein.
So langsam bekomme ich das Gefühl auf dem Heimweg zu sein. Es geht gen Süden. Die Tage werden kürzer, das Wetter wechselt häufiger auch mal in Richtung Regen. Die Temperaturen sinken und die wärmende Sonne kommt nicht immer durch die Wolken durch.
Ich bin voll der vielen Eindrücke, die unser Leben in den vergangenen Wochen bereichert haben.

Dabei wiederholt sich aber auch vieles von Tag zu Tag, nur an einem anderen Ort, bei anderem Wetter, in einem anderen Land(strich). Es stellt sich eine gewisse Routine ein. Wachwerden, sich in der Koje so drehen, dass man rauskommt, etwas überziehen um dann zur Dusche zu laufen. Tee kochen, Frühstücken, obwohl wir das zuletzt des öfteren haben ausfallen lassen bzw auf Müsli beschränkt haben. Das Schiff zum Ablegen vorbereiten, Instrumente an, Winschkurbeln an ihren Platz, Handtücher reinholen, die Freizeit-Klamotten im Vorschiff verstauen. Dann die warme Unterwäsche, die Segelhose, Fließ- und darüber die Segeljacke anziehen. Gummistiefel nicht vergessen. Ablegen, nach dem Wind entsprechend die Leinen lösen, langsam ablegen, aus dem Hafen raus, Kurs anlegen und dann alsbald möglich den Motor aus und die Segel raus. Zuerst das Großsegel: zum Mast die Sicherung lösen, Schiff in den Wind drehen, Segel rausziehen, Sicherung wieder fest, Leinen aufschiessen. Danach das Vorsegel raus: Reffleine lösen, dann mittels Schot das Vorsegel, die Genua, soweit der Wind es zulässt, rausziehen. Mit den Winschen das Vorsegel dann noch trimmen bis es richtig zum Wind steht und beide Segel optimalen Vortrieb geben. Dazu wird dann auch das Großsegel mittels der Großschot passend zum Wind ausgerichtet. Beim Segeln muss das Schiff mittels Ruder immer passend zum Wind und zum gewünschten Ziel ausgerichtet werden. Dabei  muss man permanent im Auge, oder im Hintern, behalten, was das Schiff gerade machen will. In der Regel reicht eine kurze Ablenkung, z.B. ein Blick auf die Seekarte aus,  um dem Schiff Gelegenheit zu geben vom gewünschten Kurs abzuweichen. Wind und Wellen sorgen schon  dafür, dass immer etwas zu steuern ist. Das machen wir dann abwechselnd 3-8 h lang bis wir am Ziel sind und der Tag rum ist. Schließlich Segel bergen, Motor an, Fender, Leinen und Bootshaken klarmachen, Hafen ansteuern, Anlege-Manöver fahren, Schiff aufklaren (also alles wieder ordentlich machen, Leinen aufschiessen, Instrumente aus, Kurbeln wegpacken) und dann noch Logbuch fertig schreiben. Danach dann mehr oder weniger kurzes Sightseeing und ein paar Notizen zum Tag in Form des Blogs machen. Essen kochen (manchmal auch Essen gehen), Abwaschen, Geschirr wegräumen, Buch hervorholen, warten bis die Augen zufallen, wieder aufwachen, in die Koje krabbeln, wieder Lesen, Augen zu, Ende vom Tag.

Was wollte ich sagen… Achso, ein Gefühl von Heimreise und Sehnsucht nach dem gewohnten Alltag stellt sich ein. Gewohnter Alltag? Ja, das wird wohl nichts. Zu Hause angekommen werden wir beide uns in das nächste Abenteuer stürzen. Was dabei rauskommen wird? Im Vergleich zu unserer Segeltour, wo die Route ja irgendwie auf Karten ablesbar und vorgezeichnet ist, werden unserer beiden nächsten Schritte eher ins Ungewisse gehen. An das herantasten, was wir wollen, etwas das uns beiden wieder Spass machen wird, was uns ausfüllt, was uns weiter fordert und uns weiter bringt. Und irgendwann werden wir auch daran wieder unsere Routinen und das Vertraute gefunden haben. Ich bin auf das gespannt, gespannt darauf wen wir dabei neues kennenlernen,welche Vertrauten dabei sein werden und wann und wo das alles sein wird. [M]

PS: auf diesem Wege senden TaMi auch noch die herzlichsten Glückwünsche zur heute gefeierten Goldenen Hochzeit! Ihr habt sicher bis dahin auch einige Stürme überstehen und Berge erklimmen dürfen.[M]

Oh Mann, wenn ich mir unseren Alltag so anhöre, bekome ich ganz schwere Glieder. Also ich habe bisher meist auf die warme Unterhose und die Gummiestiefel verzichtet, Segeln geht auch noch in kurzer Hose + Segelhose und in Sandalen (wenn auch tagsüber mit dicken Socken). Das mit den Segeln rein und raus kann man auch noch ein paarmal wiederholen, als Variation die Segeln zwischendurch kleiner oder größer machen. Aber eigentlich ist jeder Tag anders: Die Umgebung, der Wind, die Wellen, der Kurs, unsere Stimmung – mir wird das so schnell nicht langweilig.  Darum habe ich auch nur wenig Lust, über das Ende unserer Reise nachzudenken. Dafür ist noch Zeit, wenn wir wieder in Heiligenhafen bzw. in Aachen sind. Immerhin haben wir noch zwei Wochen vor uns, das ist mehr, als sich mancher als Haupturlaub gönnt. Ich bin neugierig auf Ven, auf Kopenhagen und auf den Teil von Dänemark, der uns auf dem Rückweg noch begegnen wird! [T]

Ja, ja. Darauf freue ich mich ja auch noch. Wollte doch nur sagen, das sich einiges, das sich zunächst als schwieriges Unterfangen darstellt, im weiteren Verlauf in Alltag auflöst. Wir wachsen halt an den Aufgaben, die und denen wir uns stellen. [M]

4 Responses to “Gegen Strom, Frachter und Fähren – von Mölle durch den Öresund nach Ven”

  1. derrob sagt:

    Hallo Tanja, hallo Michael,

    was eine schöne Idee, die Ihr da grad umsetzt. Da werd ich ja als bescheidener Hobbysegler und Hilfsmatrose richtig neidisch. Ich wünsche Euch noch eine gute Zeit auf See, immer genug Wind und ab und an Delphine.

    Viele Grüße
    Robert

  2. Heinz und Rita Vielberg sagt:

    Hallo Michael, hallo Tanja,

    wir bedanken uns schon mal auf diesem Weg für eure Glückwünsche zu unserer „Goldenen Hochzeit“ Es war ein wunderschöner Tag (eigentlich 3 Tage, da unsere Nachbarschaft und unsere Familie uns am Vorabend mit „Kränzen“ überrascht hat) Außerdem herzlichen Dank für die Beteiligung an unserem Geschenk, welches uns nun auch auf das Element „Wasser“ führen wird.

    Euch wünschen wir nun noch recht schöne Tage (eure letzten Berichte haben wir noch nicht gelesen, weil Zeitmangel) aber das wird bald nachgeholt und hoffen, dass wir mal persönlich einen Eindruck von eurer Reise bekommen.
    Liebe Grüße aus dem vom „Weltuntergang“ bedrohten Sauerland, von
    Heinz und Rita

  3. Roberto sagt:

    Servus – grias aich – oder so ähnlich – hab mal internet – eure Berichte leider sooooo lange nicht mehr gelesen – viel erlebt – und grüße euch nach meinen Bergtouren (Dachstein-Planai-Ursprungsalm) immerhin rauf auf die 2000 mtr.

    Alles andere später – läuft bisher alles nach Plan – hab alles gecheckt.

    Seid mir gegrüßt – sucht bitte schönes Wetter – und ich sach denn mal bis denne

    servus baba der Roberto – und bitte nicht böse sein – lese alles in Ruhe nach

  4. Christa sagt:

    Hallo Ihr Zwei!

    Saugt diese besondere Atmosphäre in den kommenden 2 Wochen noch weiter auf und bewahrt sie, bzw. die Erinnerung daran, noch lange.
    Ich wünsche Euch noch schöne Tage und alles erdenklich Gute für die Zeit „danach“!

    Schöne Grüße aus dem dämmerigen Brilon nach Schweden!

    Christa

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