30.08.2014, 21:45 Uhr, Kopenhagen, Langelinie, an Bord der Marzemino
Hafentag! Das heisst Aufwachen ohne Wecker, Laufen gehen im Sonnenschein auf der Insel Ven, Frühstücken mit frischen Brötchen und gekochtem Ei und dann mit dem Rad auf zum Museum. Ven scheint heute als Spielplatz für die Stadtmenschen von den Ufern des Öresundes zu dienen. Überall trifft man Gruppen auf gelben Leihfahrädern, gerne alle mit der gleichen Jacke oder zumindest mit dem gleichen Rucksack. Die Insel ist aber auch wirklich schön: Eine Steilküste, darüber ein ziemlich ebenes Plateau mit viel Landwirtschaft und kleinen Wegen. Im 16. Jahrhundert war Ven wohl DER Hotspot für die Wissenschaftler dieser Welt, weil der Dänische Astronom und Alchemist Tycho Brahe hier ein Spielschlösschen und ein Observatorium eingerichtet hat. Beim Vermessen der Planetenbahnen ist ihm dann schon aufgefallen, das das mit der Erde im Mittelpunkt der Welt nicht ganz stimmen kann, aber er hat dann doch nur eine Zwischentheorie aufgestellt. Immerhin haben seine ganzen Messungen dann Kepler dazu gebracht, das mit den eliptischen Bahnen auszurechnen. Er war in den letzten Jahren der Assistent von Brahe, und hatte daher einen super Zugang zu den Daten. Nach so viel Wissenschaft waren wir dann noch im „Spirit of Ven“, das ist die lokale Whisky-Brauerei. Dort darf man probieren, aber nicht ganze Flaschen kaufen, denn Alkohol gibts nur in speziellen Läden oder auf dem Schiff zwischen Ven und Kopenhagen – HaHa, nicht auf der Marzemino…

Das Observatorium mit einer gruseligen Licht/Ton Show zu den Entdeckungen und Theorien von Tycho Brahe
Der Wetterbericht verspricht für morgen heftigen Regen, also sind wir kurzentschlossen im Nieselregen doch noch nach Kopenhagen aufgebrochen – so viel zum Hafentag. Zunächst hörte der Regen dann auch wieder auf, um kurz vor dem Nord-Terminal als Wolkenbruch wieder einzusetzen. Das macht dann richtig Spass, denn vorher konnte man noch eine Insel sehen, auf die wir zufahren wollen und auch mehrere Kreuzfahrtschiffe und dann sind sie quasi weg. Was sie (also die Schiffe) aber nicht daran hindert abzulegen und unseren Weg zu kreuzen. Einzig die AIDA, die ich schon morgens auf ihrem Weg an Ven vorbei photographiert hatte, blieb brav am Kai liegen, bis wir vorbei waren. Irgendwann ging aber auch dieser Regen zu Ende und wir sind glücklich mit dem Kanonenschuss zum Sonnenuntergang in den Hafen Langelinie eingelaufen. [T]
Hier am Langelinie Kai wohnt auch die Kleine Meerjungfrau. Noch haben wir sie nicht gesehen. Sie wird doch wohl nicht geklaut oder verliehen worden sein? Ganz abwegig ist der Gedanke nicht, denn die Bronzefigur hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Mit Farbe beschmiert, in einer Burka verhüllt, den Kopf und Arm abgesägt, alles das hat sie schon erlebt. Bin gespannt, in welcher Verfassung wir sie antreffen werden? Ven ist wirklich eine sehr schöne Insel. Wir haben dann für unsere Besichtigungstour doch unsere Klappräder mobilisiert. Zwar war der Anstieg vom Hafen hoch nach Tuna bis zum Tycho Brahe Museum zum Teil eine steile Angelegenheit, doch besser kurz aus dem Sattel gestiegen als endlos lange zu laufen. Brahe hatte die Insel vom König seinerzeit wohl als Lehen bekommen. Die Bewohner waren alles andere als erfreut, 2 Tage in der Woche für ihren Lord zu arbeiten, damit dieser sich sein Observatorium und Schloss einrichten konnte. Heute sind die Einwohner der Insel dagegen sicherlich froh, mit dem Museum und dem rekonstruierten Observatorium eine Attraktion für Touris zu haben. Ich war mir ja nicht so sicher, wie sich die Überfahrt gestalten würde. Wie heftig werden Wind und Wellen? Als wir dann aber die Segel gesetzt hatten, lief die Marzemino schön durch den Sund. Das erste Teilstück war ohne Regen auch sehr angenehm zu segeln. Am dänischen Ende des Sundes angekommen, haben wir aber auf das Kreuzen verzichtet und sind mit Motor und Stützsegel weiter auf Kopenhagen zu gefahren. Vor dem Fährterminal wurde es dann bedingt durch die Regenfront für eine kurze Weile ziemlich düster. Nur gut, dass sich der Himmel zur Einfahrt in den Hafen dann wieder von seiner besseren, helleren Seite gezeit hat. Auch das Putzen der Brille sorgte für deutliche Verbesserung der Sicht auf die Industrieanlagen und Fährterminals im Hafen. Der Böllerschuß mit dem wir beim Einlaufen in die Box begrüßt wurden hatte es wirklich in sich. Kurz dachte ich, das eine Bombe im Hafen hinter uns hochgegangen. Morgen ist aber nun wirklich Hafentag. Es sei denn, wir verlegen uns noch in einen der anderen Häfen hier in Kopenhagen. Aber das ist ja dann gleich mehrfach Hafentag, oder? Gerade prasselt der Regen wieder auf das Schiff. Da vergeht einem glatt die Lust, nochmal durch den Hafen zur Toilette zur Laufen. Aber wat mut, dat mut. [M]